Book Series Burgundica, vol. 10

Über den Umgang mit Lob und Tadel

Normative Adelsliteratur und politische Kommunikation im burgundischen Hofadel, 1430-1506

Bernhard Sterchi

  • Pages: 771 p.
  • Size:180 x 250 mm
  • Illustrations:25 col.
  • Language(s):German
  • Publication Year:2005

  • € 70,00 EXCL. VAT RETAIL PRICE
  • ISBN: 978-2-503-51432-1
  • Hardback
  • Available
  • € 70,00 EXCL. VAT RETAIL PRICE
  • ISBN: 978-2-503-55692-5
  • E-book
  • Available


Summary

Wie kann eine Literatur, die ihrem Leser von adligem Heldentum und Ruhm erzählt, die ihm das Ungenügen der privilegierten Geburt vorhält und ihn zu sittlicher Überlegenheit anspornt, überhaupt Wirkung erzeugen? Das vorliegende Buch findet eine Antwort in einem bestimmten Teil des Leserverhaltens, nämlich in der persuasiven politischen Kommunikation. Am Beispiel des burgundischen Hofadels des 15. Jahrhunderts wird diese These durch drei Argumente gestützt. Erstens enthält die Literatur nur selten konkrete Handlungsanweisungen. Vielmehr bietet sie eine Referenzordnung der Schlüsselbegriffe, Argumente, Autoritätenzitate und Anekdoten, mit deren Hilfe der Leser seine Werturteile bilden und begründen kann. Zweitens finden sich diese literarisch vermittelten Referenzwerte genau in jenen Fällen der politischen Kommunikation wieder, in deren Zentrum die Vermittlung von Werturteilen steht. Hierzu gehören verschiedene Spielarten der Legitimierung, insbesondere aber die Gestaltung des Ansehens von Personen. Drittens sind im burgundischen Hofadel solche bewertende Kommunikationshandlungen in wesentlichen politischen und sozialen Feldern erfolgsrelevant.

Dem Autor gelingt auf diese Weise ein anderer Blick auf das moralische Selbstverständnis des burgundischen Hofadels. Über seinen typischen Besitz von Adelstraktaten, seine eigenen Versuche auf diesem Gebiet und sein komplexes Verhältnis zur zeitgenössischen Chronistik bis hin zu den politischen Verfahren im und um den Orden vom Goldenen Vlies tritt der Adel im Umgang mit Wertvorstellungen und deren Zuschreibung zutage. Dieser Umgang mit Lob und Tadel erklärt in seiner vielseitigen Verflechtung, aber besonders in seiner politischen Relevanz die Bedeutung der inszenierten normativen Selbstvergewisserung des burgundischen Hofadels ebenso wie die Wirksamkeit des moralischen Konformitätsdrucks in dieser Gesellschaft.