Die beiden ersten der Kurpfalz gewidmeten Teilbände der
Europa Humanistica – Reihe präsentieren mit dem Juristen
Marquard Freher (1565-1614) und Janus Gruter (1560-1627), dem
Historiker und Leiter der Bibliotheca Palatina, Gelehrte von
europaweiter Reputation und damit zugleich zwei Repräsentanten
der Blütezeit der Heidelberger Gelehrtenkultur um 1600, als
die Universität neben Genf und Leiden zur dritten bedeutenden
calvinistischen Hochschule Europas aufgestiegen war.
Das editorische Oeuvre Marquard Frehers umfaßt 33 Ausgaben
(darunter auch Editiones principes, u.a. Straßburger Eide,
Peter von Andlau) überwiegend lateinischer Quellen, daneben
volkssprachige Denkmäler in althochdeutschem,
frühmittelhochdeutschem und altenglischem Idiom, ferner
byzantinische Texte. Postum erschienen sieben Editionen, davon vier
herausgegeben von Frehers Drucker Gotthard Vögelin. Die
Mehrzahl der edierten Texte stammt aus dem Mittelalter, eine
kleinere Gruppe bilden Schriften von Juristen der frühen
Neuzeit. Die Antike ist mit der Mosella des Ausonius und den
Facetiae des Pseudo-Hierokles vertreten. Schwerpunkte bilden
Kompendien zur Nationalgeschichtsschreibung (Germanicarum rerum
scriptores, Corpus Francicae historiae, Moscoviticarum rerum
scriptores, Scriptores rerum Bohemicarum, Quellen zur Geschichte
Siziliens) und einzelne Quellen zur mittelalterlichen Geschichte
wie die Goldene Bulle, die in vielen Fällen die Verbindung von
Frehers juristischen und historischen Interessen darlegen. Zu den
Editionen, die am längsten nachwirkten, gehören die
zweibändige Ausgabe der Opera historica des Johannes
Trithemius und eine von Johannes Leunclavius zusammengestellte
Sammlung byzantinischer Rechtstexte, die 1966 bzw. 1971
nachgedruckt wurden. Einige dieser Editionen geben sich als
Auftragsarbeiten des Heidelberg Hofes zu erkennen, die dessen
Position in juristischen Angelegenheiten stützen sollten.
Im Zentrum des Gruterschen Werkes mit 30 Editionen stehen die
auch heute noch kanonischen Autoren der lateinischen Antike. Die
Historiker sind mit Florus, Sallust, Livius (drei verschiedene
Ausgaben), Tacitus und der aus verschiedenen Werken der Antike und
des Frühmittelalters kompilierten Historia Augusta Romana
besonders prominent vertreten. Für Livius führte Gruter
die heute noch übliche Zitierweise ein. Weit über
Deutschland hinaus wirkten auch die Ausgaben des älteren und
jüngeren Seneca, Ciceros, Martials und in besondere der
römischen Inschriften – ein Produkt überregionaler
und interkonfessioneller Kooperation zahlreicher europäischer
Humanisten. Die Plautus-Ausgabe von 1621 ist zugleich Dokument der
mit unerbittlicher Härte ausgefochtenen Auseinandersetzung mit
dem früheren Schüler Johann Philipp Pareus. Ein weiterer
Schwerpunkt von Gruters Arbeit war die Anlage von Florilegien, die
er unter den Titeln Florilegium ethico-politicum, Bibliotheca
exulum und Polyanthea publizierte. Griechisches ist mit
Theophylaktos Simokattes, Onasandros, Pseudo-Maurikios und einer
Sammlung von Orationes politicae vertreten. Beispiel einer
späten Erstrezeption sind die 1851 publizierten Noten zu
Statius.