Hieronymus von Prag, Magister der Universitäten von Paris,
Köln, Heidelberg und Prag, ist durch Leben und Wirkung
untrennbar mit seinem Freund Johannes Hus verbunden. Beide wurden
als unverbesserliche Ketzer auf dem Konzil von Konstanz verurteilt
und 1415 und 1416 kurz nacheinander verbrannt. Während Hus als
einer der wichtigsten Vorläufer der europäischen
Reformationen in das allgemeine Geschichtsbewußtsein einging,
gilt dies nicht in gleichem Maße für Hieronymus, wohl
auch weil sein literarisches Werk weitgehend unbekannt ist. Dabei
erfreute sich dieser non-konforme Philosoph zu Lebzeiten ungeheuren
Ansehens: Poggio Bracciolini, Zeuge beim Prozeß und bei der
Hinrichtung, nannte Hieronymus von Prag einen Zweiten Cato,
„virum dignum memoria hominum sempiterna“ (Brief 4 an
Leonardo Aretino).
Im vorliegenden Band werden erstmals gesammelt alle erhaltenen
Schriften des Gelehrten vorgelegt, viele davon bisher ungedruckt:
akademische Erörterungen, Streitschriften, politische und
persönliche Briefe (mit Dokumentation der unter Folter
erzwungenen Abkehr von Hus und deren Rücknahme, die den
Feuertod bewußt in Kauf nahm), und das Corpus delicti
„Scutum fidei“, eine originelle Erklärung der
Trinität in einem Wassergleichnis.
Die ausführliche Einleitung vom besten Kenner der Zeit
stellt das Werk und den Menschen auf den gebührenden Platz in
der Geistesgeschichte, auch als kleiner Versuch einer
Wiedergutmachung im Sinne von Poggio Bracciolini.